Handball als Beruf, Angeln als Passion: Vor dem Start in die Saison-Vorbereitung spricht Rimpars Coach über seine Kindheit, sein Glück und sein Ziel mit dem neuen teils Team.
Wenn man Menschen außerhalb ihres Berufs trifft, lernt man sie meist von einer anderen Seite kennen. Ceven Klatt haben Fans des Handball-Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe in seiner ersten Saison als emotionalen Trainer erlebt. Er ist einer, der mitgeht und mitreißt in einem Spiel. "Sonst bin ich ein entspannter Typ", sagt er an diesem Juli-Nachmittag. "Aber entspannt soll nicht heißen, dass ich nicht ehrgeizig bin!"
Start in die Vorbereitung nach Corona
Wenige Tage vor dem Vorbereitungsstart für die im Oktober beginnende Spielzeit steht Ceven Klatt am Fuße der Alten Mainbrücke in Etwashausen, mit Blick auf Kitzingen. T-Shirt, Jogginghose, Birkenstock. Die Haare lang, die Haut sonnengebräunt, eine Angel in der Hand. Seine Kinder Erik (7) und Ronja (5) wuseln um ihn herum und fragen immer mal wieder: "Hast du was gefangen, Papa?"
Einen großen Aal hat er schon an Land gezogen. "Den isst der Opa, wenn er morgen zu Besuch kommt", plappert Erik. "Den grillen wir", glaubt Ronja. Tatsächlich soll sein Schwiegervater den Aal aus der Pfanne bekommen, erklärt Klatt. "Gilt als Delikatesse, ein Kilo kostet um die 60 Euro." Ihm selber schmecke der Fisch gar nicht, er möge nur Barsch und Zander. Die Barsche, die immer wieder an seinem Haken zappeln, sind allerdings zu klein, um davon satt zu werden, daher wirft er sie zurück in den ruhenden Fluss, der nur sanfte Wellen ans Ufer treibt, wenn Schiffe vorbeifahren.
Liebe zum Angeln dank des Vaters
Sein eigener Vater hat Klatt die Liebe zum Angeln gelehrt. Als er noch ein kleiner Bub war, nahm der ihn in der brandenburgischen Heimat mit raus auf die Havelseen und schenkte ihm seine erste Angel: "eine Bambusrute mit einem Stiel und einer Schnur dran, wie man sie aus Kinderfilmen kennt". Die Familie zog nach Nordrhein-Westfalen, als der einzige Sohn fünf war, doch der nahm die Begeisterung für Wasser und Wassersport mit. Der dickste Fisch, den der frühere Zweitliga-Kreisläufer je gefangen hat? "Meine Frau - wobei dick nicht stimmt."
Anja Klatt war bis vor ein paar Jahren in NRW selbst in der Dritten Liga als Handballerin aktiv und hat zusammen mit ihrem Mann den Angelschein gemacht. In Kitzingen hätten sie sich inzwischen eingelebt, erzählt die 33-Jährige, als sie von der Arbeit kommt, um die Kinder abzuholen: "Es ist ein schönes Fleckchen Erde. Aber zu Hause bleibt da, wo ich herkomme" - ein Dorf im Kreis Mettmann. Da, wo ihr Mann herkommt, Kirchmöser in Brandenburg, hat die Familie ein Häuschen am See und einen Teil der Corona-freien Zeit verbracht. Wakeboarden. Schwimmen. Fischen. "Zum Geburtstag hab ich ein Boot geschenkt bekommen, damit sind wir oft rausgefahren." Am 11. Juni ist Klatt 37 geworden.
Mit Freunden mag ich Wettangeln und Dummschwätzen, alleine schätze ich die Entspannung: Da werde ich mir oft bewusst, wie glücklich ich bin und wie gut es mir geht."
Ceven Klatt über sein Hobby AngelnFür den Familienmenschen bedeutet seine Passion Abwechslung, auch zwischen oberflächlichem Spaß und tiefgehenderem Sinnieren: "Mit Freunden mag ich Wettangeln und Dummschwätzen, alleine schätze ich die Entspannung: Da werde ich mir oft bewusst, wie glücklich ich bin und wie gut es mir geht mit zwei gesunden Kindern und einer tollen berufliche Aufgabe."
Zwei Jahre hat er noch Vertrag bei den Wölfen, seine erste Saison mit Rang sieben beim Abbruch im März verlief voll im Soll. Obwohl nun für Rimparer Verhältnisse ein Umbruch ansteht und nach den Abgängen von Max Brustmann (Karriereende), Benjamin Herth (HSC Bad Neustadt), Patrick Gempp (HSG Wetzlar) und Fin Backs (MT Melsungen) vier Neuzugänge zu integrieren sind, will Klatt das Abschneiden mindestens bestätigen.
Spieler bleiben in Kurzarbeit
"Wir werden noch härter trainieren", kündigt er an. Wobei es an diesem Montag aufgrund der Kurzarbeit, die der Verein für die Spieler vorerst beibehält, erst mal gemäßigt losgehen soll. Immerhin ist Sport mit Körperkontakt in Bayern nun wieder erlaubt. Zwölf Wochen etwa, so rechnet der Coach, dürfte es nach der viermonatigen Zwangspause dauern, um annähernd an das alte Leistungsniveau anknüpfen zu können.
Ortswechsel. Von der Brücke geht es ein Stück weiter vom Aktiv- zum Ansitz-Angeln. "Tschüss, Dickerchen", scherzt Erik und verpasst seinem Papa zum Abschied einen Klaps auf den Po. Beide lachen. Als Klatt auf einem Steg zwei Angeln mit Ködern präpariert, auswirft und abstellt, kommen zwei Jugendliche vorbei. Der eine Boxer, der andere Fußballtorwart bei Bayern Kitzingen, wo auch Erik zwischen den Pfosten steht und Manuel Neuer nacheifert. Die Jungs sind interessiert und fragen Klatt über sein Hobby aus. Als sie erfahren, dass der Mann hauptberuflich Handballtrainer der Wölfe ist, lassen sie ihn nicht mehr von der Angel. "Machen Sie mit ihren Spielern auch Fitness?", will der Fußballer wissen. "Ey, was ne Frage?!", entgegnet der Boxer. "Guck dir mal den Oberkörper an! Übertrieben durchtrainiert!" Klatt grinst. Obwohl er immer ungeduldiger auf den nächsten Fang wartet, gibt er bereitwillig Auskunft.
"Wir haben trotzdem keine Söldnertruppe, sondern bleiben ein Team mit vielen Identifikationsfiguren."
Ceven Klatt über den Umbruch im Team mit vier Ab- und vier NeuzugängenAuch darüber, dass Rimpar seit Jahren mal wieder Spieler aus dem Ausland verpflichtet hat: Mittelmann Yonatan Dayan (VfL Gummersbach) stammt aus Israel, Linksaußen Tommy Wirtz aus Luxemburg und Kreisläufer David Kovacic aus Slowenien. "Wir haben trotzdem keine Söldnertruppe, sondern bleiben ein Team mit vielen Identifikationsfiguren." Besonders gespannt erwartet Klatt den Zweikampf im Tor zwischen Andreas Wieser und Neuzugang Marino Mallwitz (VfL Lübeck-Schwartau). "Unser Kader wird jünger, aber zumindest nicht schlechter", glaubt er. Der größte und der kleinste Fisch in der Liga sind für ihn Gummersbach und Fürstenfeldbruck.
Was Angeln und Handball gemeinsam haben? "Bei beidem braucht man eine Strategie." Im Welthandball wird aktuell über die Abschaffung der Sieben-gegen-Sechs-Regel diskutiert. Klatt ist in der Frage ambivalent: "Der siebte Feldspieler ist gerade für unterlegene Mannschaften ein gutes taktisches Mittel, aber ich finde, es trägt nicht zur Attraktivität unseres Sports bei."
Drei Aale als Ausbeute
Die Vögel zwitschern, die Krähen kreischen, und die Sonne geht langsam zwischen zwei Kitzinger Kirchtürmen unter, als sich die Schnur einer Angel plötzlich spannt. Klatt eilt hin und kurbelt an der so genannten Knarre. Er zieht einen weiteren Aal an Land und ein paar Minuten später sogar noch einen dritten, der längste misst 77 Zentimeter. Als sich Ceven Klatt in der Dämmerung mit der fetten Beute auf den Heimweg macht, wirkt er wie jemand, der in sich zu Hause ist.
July 11, 2020 at 11:03AM
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Ceven Klatt: Der dickste Fisch des Wölfe-Trainers - Main-Post
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